Ich erblickte 1982 das Licht des Kreissaales. Das war eine turbulente Zeit, nicht nur für meine Eltern, sondern für die ganze Welt. Diese war noch in Ost und West geteilt und der Kalte Krieg dauerte an. Die ständige Angst, dass die Supermächte dieser Welt mit Atombomben aufeinander losgehen, stelle ich mir zermürbend vor. Wie schön, dass ich als ahnungsloser Dreikäsehoch davon nichts mitbekam und die Nächte ruhig zwischen meinen Regina-Regenbogen-Puppen schlummerte.
Es mussten einige Jahre ins Land ziehen, bis ich begann, den Politikteil der Zeitung zu lesen. Mein Interesse am Weltgeschehen war aber nach wie vor mässig. War auf der Nebenseite ein Foto zum skandalösen Flirt von Brangelina abgebildet, verlor mich der Lokalpolitikbericht.
Inzwischen habe ich einiges gesehen von dieser Welt, lernte viele Menschen kennen und wurde Mama. Spätestens dann wird auch dem letzten Tagträumer – also mir – die Naivität ausgetrieben. Kinder verändern dich. Der grosse Wermutstropfen beim Mama sein ist die bis dato unvorstellbare Sorge, die ich mir um meine konstant risikobereiten Kinder mach.
Das hat zur Folge, dass ich vieles anders mach. Ich fahr vorsichtiger Auto, geh öfter zum Arzt und versuch nicht mehr, den Toaster mit einer Gabel zu reparieren. Zudem ist es mir wichtig, zu wissen, was auf dieser Welt geschieht. Ab einem gewissen Alter darf man sich nicht mehr nicht für Politik interessieren. Doch bevor dieser selbstgefällige Text Brechreiz bei der Leserschaft auslöst: ich lief bisher nur einmal bei einer politischen Demo mit – und das war ein Versehen. Ich war eigentlich nur auf dem Weg zum Bäcker. Doch für die Zukunft habe ich mir vorgenommen, nicht nur wegen warmer Brötchen, sondern auch aus Überzeugung an Demos teilzunehmen. Vielleicht bastel ich sogar ein Schild. Denn auch wenn ich Morgen beim Haare föhnen in der Badewanne das zeitliche segne – es geht um die Zukunft meiner Kinder.
Erschienen in der LIEWO am 26.10.2018